Bilsenkraut - Familie der Nachtschattengewächse
Hyoscyamus niger, Solanaceae


Hyoscyamus niger abgeblühtes Bilsenkraut Hyoscyamus niger

Vorkommen:

Subtropische Zonen des Mittelmeers, Kleinasien bis Hinterindien. Wahrscheinlich von Spaniern nach Amerika importiert, wo es sich rasch verbreitete und Einzug als Heil - bzw. Zauberpflanze bei Medizinermännern verschiedener Indianerstämme und Schamanen fand. Es war bereits bei den alten Ägyptern und Sumerern als magische Pflanze bekannt, wurde unter anderem im altem Griechenland als Narkotikum bzw. Wahrsagemittel und bei den Germanen für Regenzauber verwendet.

Lieblingsplätze: Sand/Schutthalden, Wegränder.
In Mitteleuropa relativ selten.

Obwohl es eine gefährliche Giftpflanze darstellt, fand es immer wieder Anwendung als Heilmittel, so zum Beispiel in China unter dem Namen "Lang-Tang" wo es dem Wein beigemischt und Kranken verabreicht wurde. Es sollte auf diese Weise direkten Kontakt des Betroffenen mit Geistern und Teufeln herstellen. In arabischen Ländern wurde es unter dem Namen "Bang" als dämonenabwehrendes Räuchermittel, Narkotikum oder Aphrodisiakum sowie als Zusatzstoff im Kaffee gebraucht. Bis zum Aufkommen des Reinheitsgebotes wurde das Bilsenkraut im Mittelalter dem Met beigemischt, und in eigenen Bilsenkrautgärten als "Bierschärfe" kultiviert. Eine Praxis, der die Stadt "Pils" bis heute ihren Namen verdankt - genauso wie das Pilsener Bier. Biergenuß war bis etwa zum Jahre 1516 teilweise eine gewagte Angelegenheit.

Allerlei Zaubereien


Bilsenkraut, oder auch "Prophetenbeere" wurde im Mittelalter gerne zu den "bösen" Teufelspflanzen gezählt, was sich in seiner Giftigkeit und Letalität begründet. "Böse" waren vor allem Giftgewächse, die nur einzig dem "teuflischen Wissen" entsprungen sein konnten. Zusammen mit der Tollkirsche, deren verlockend aussehende Beeren vielen Menschen den Tod gebracht hat und zusammen mit Stechapfel gehörte es zu den wichtigsten Bestandteilen der "Hexensalben" bzw. "Flugsalben". Die genauen Rezepturen dieser Hexensalben sind nicht bekannt, im Wesentlichen wurden zerkleinerte Pflanzenteile in Schweinefett bei nicht allzu hoher Temperatur ausgekocht. Die daraus entstehende Salbe wurde auf die nackte Haut aufgetragen, die Wirkstoffe über die Haut aufgenommen.

Die Wirkungen: schwere, mehrere Stunden andauernde Erregungszustände, tiefe Halluzinationen, die für die Betroffenen nicht von der Realität zu unterscheiden waren. Halluziniert werden bevorzugt "Austritte" aus dem Körper, verbunden mit Flugerlebnissen, Tierverwandlungen, orgiastische Feste, begleitet mit Sinnestäuschungen, Täuschungen des Geschmacks und des Gehörs. Somit soll es auch an Hexensabbaten Anwendung gefunden haben: Hexen sollen ihr "nächtliches Ausfahren" durch Einreibungen mit besagten Salben bewerkstelligt haben. In den Protokollen diverser Hexenprozesse wurde den Angeklagten oftmals vorgeworfen, sie hätten als Salbengrundlage Menschenfett und eingekochte Kinderleichen verwendet.

Pharmakologische Wirkungen:


Pharmakologische Wirkungen: Bilsenkraut enthält die Tropanalkaloide:

Hyoscyamin
Scopolamin
Atropin


Wirkungen: (bezogen auf Atropin) Anticholinerg, berauschend, psychedelisch, toxisch. Erhöhung der Herzschlagfrequenz, Gefäßerweiterung (Hautrötung), Wärmegefühl, Pupillenerweiterung
Zentralnervensystem:
sowohl motorische Erregung als auch Dämpfung,
Delirien, tiefe Halluzinationen auslösend. Starkes Gift mit individuell sehr unterschiedlicher Wirksamkeit, vor allem von Kindern wird es schlecht vertragen. Bei Überdosierung tritt der Tod durch Atemlähmung ein. LD (=letale - tödliche Dosis): 0,05 - 0,2 Gramm. Atropin stellt auch für viele Tierarten ein tödliches Gift dar.

Bei Einnahme von Bilsenkraut über Rauch (Samen, Blätter) wird anfangs häufig starke Aggressivität beobachtet, später narkotische Wirkung begleitet mit Halluzinationen oftmals mit sexuellem Inhalt. Da Bilsenkraut die Herzschlagfrequenz erhöht, bei gleichzeitiger Verkürzung der atrioventrikulären Erregung ist die Pflanze vor allem für Menschen mit bereits vorgeschädigtem Herzen besonders gefährlich.

Warnhinweis:
Es handelt sich bei Bilsenkraut um eine Giftpflanze! Von ihrem Gebrauch ist abzuraten.
Die besagten Nachschattenalkaloide sind lebensgefährlich, eine kontrollierte Dosis bzw. Anwendung ist bei
Giftpflanzen dieser Gattung grundsätzlich unmöglich!
Sämtliche Dosierungsangaben die im Internet zu finden sind, beziehen sich auf Einzelerfahrungen und sind
nicht auf die Allgemeinheit übertragbar.




Literatur:
Engel, Fritz Martin - Zauberpflanzen - Pflanzenzauber
Rätsch, Christian - Lexikon der Zauberpflanzen
Schuldes, Bert Marco - Psychoaktive Pflanzen
Hunnius - pharmazeutisches Wörterbuch - 9. Auflage

Internetquellen:
Bier Lexikon

shenoviel.noforum.de